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Eine
Stunde später lag Jack verarztet auf unserem Bett und schlief, ich
hatte ihm starke Schmerztabletten gegeben, diese zeigten nun ihre
Wirkung. Anschließend versuchte ich das Blut vom Boden zu wischen,
das gelang mir nur halbwegs, also legte ich einfach den kleinen
zerfledderten Teppich aus dem Wohnzimmer darüber.
Mittlerweile
war es schon 3Uhr morgens. Vater würde heute wohl nicht mehr zurück
kommen, ich verschloss unsere Zimmertür und legte mich zu Jack ins
Bett. Ich lag meinen Arm um ihn und kuschelte mich fest an ihn.
Ich
konnte nicht schlafen, die Schrecken von heute Nacht hielten mich
wach.
Am
nächsten Morgen war ich schon früh auf, ich hatte sowieso nicht
richtig geschlafen. Ich schlich mich leise aus dem Zimmer und sah
mich um aber von Vater war nichts in der Wohnung zu sehen, er hatte
anscheinend irgendwo Unterschlupf gefunden. Heimlich wünschte ich
mir das er irgendwo draußen verreckt war.
Ich
lief durch den kleinen Flur rüber zur spärlich eingerichteten
Küche, dort öffnete ich den Kühlschrank, gähnende Leere starrte mich
an. Mein Magen knurrte, also suchte ich in den Küchenschränken nach
etwas Essbarem, wurde jedoch nicht fündig.
Vater
würde tagsüber sicher nicht zurück kommen, also ging ich in sein
Schlafzimmer und durchsuchte seinen Nachttisch. Dort fand ich noch
etwas Geld, das sollte reichen um etwas Essen kaufen zu können.
Während ich das Geld nahm und in meine Hose steckte, bemerkte ich
wie jemand hinter mir im Türrahmen stand.
Ich drehte mich ruckartig
um und erblickte Jack.
>>Du
solltest nicht aufstehen...<< sagte ich mit einem mitleidigen
Blick an ihn gerichtet.
>>Wo
willst du hin?<< fragte er mich mit schwacher Stimme.
>>Ich
besorge uns etwas zu essen.<<
>>Ich
komme mit. Du solltest nicht alleine rausgehen, was ist wenn dir etwas
passiert?<<
>>Nein,
ich gehe alleine, ich bin nicht lange weg und mir wird schon nichts
passieren<<
antwortete
ich schnell und versuchte zu lächeln.
Unserer
Nachbarschaft war nicht gerade die Beste, selbst tagsüber war es nicht ganz ungefährlich rauszugehen, aber welche Wahl hatte ich schon?
Stumm
starrte Jack mich an, er ging zu Vaters Bett rüber und griff unter
das Kopfkissen, er zog ein Butterfly hervor. Ich schaute erstaunt.
'Woher wusste Jack das Vater so etwas hatte?'
>>Nimm
das mit, versteck es gut und benutze es nur wenn es unbedingt nötig
ist<<
sagte
Jack mit ernstem Blick und reichte mir das Messer.
Ich
nahm es stumm entgegen. Das war das erste Mal das ich eine
richtige Waffe in der Hand hielt, aber das war auch das erste Mal das
ich alleine rausging.
>>Gut,
ich beeile mich<< sagte ich, mit dem Messer in der Hand holte
ich meine Jacke aus unserem Schrank, zog sie über und verstaute das
Messer in der Jackentasche. Jack stand nun im Flur, ich lächelte ihm
zu und verschwand durch die Haustür. Ich eilte schnellen Schrittes
die Straße runter, zwei Blocks weiter war der Supermarkt. Während
ich durch die Nachbarschaft eilte, sah ich mir die baufälligen
Häuser nochmal kurz aus dem Augenwinkel heraus an. Die Häuser sahen
beschissen aus, aber unseres war wohl das Schlimmste. Es waren alles
kleine typisch, amerikanische Vorstadthäuser mit Veranda, manche
waren sogar umzäunt. Als ich weiterlief bemerkte ich, dass sich kaum
Jemand auf der Straße aufhielt, es war wohl noch zu früh für die
Meisten. Die wenigen Menschen die mir begegneten schauten mich
missbilligend an, ich warf ihnen einen giftigen Blick zu und lief
weiter.
Hinter
mir hörte ich zwei alte Frauen mit kleinen Hunden an der Leine, flüstern >>Was macht das Mädchen denn hier? Müsste sie um
dieser Zeit nicht in der Schule sein?!<<
'Eine Zehnjährige die morgens draußen rumlief und die Schule schwänzte
war hier ja auch so selten...' dachte ich entnervt. 'In dieser
Nachbarschaft macht doch sowieso Jeder was er will, also was kümmert
es die?'
Sie
ignorierten mich und Jack ja sonst auch. Jedes mal als wir Nachts um
Hilfe geschrien hatten, sie hätten uns hören müssen...aber Niemand
hat etwas getan.
Sie
wussten was er uns antat und sahen darüber hinweg, das Einzige was
sie uns schenkten waren Ekel und Verachtung...
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